Die Gebrüder Wright & das moderne Flugzeug
Sie zählen oft als die Erfinder der modernen Luftfahrt: die Brüder Wilbur und Orville Wright. Ihre Maschinen, die sogenannten Wright Flyer, gelten als die ersten vollständig flugtauglichen Flugzeuge. Aber wie kamen die Wright Brüder zu ihrer Erfindung? Welche technischen Besonderheiten sorgten für den Erfolg ihrer Maschinen? Wer war beteiligt oder den Brüdern sogar voraus? Und was haben Fahrräder mit modernen Flugzeugen zu tun? Die Antworten darauf finden Sie im folgenden Artikel.
Inhalt
Der Weg zur Erfindung der Wright Brüder
Als zwei von sieben Kindern einer Mittelstandsfamilie im amerikanischen Mittelwesten, waren die Gebrüder Wright nicht zwangsläufig prädestiniert für ihre spätere Laufbahn. Ihr Werdegang zu führenden Luftfahrtpionieren lässt sich dabei schrittweise nachvollziehen:
1889-1896: Anfänge in der Mechanik
Das Interesse der Wright Brüder an Mechanik wurde zunächst durch Druckerpressen geweckt. Der Versuch eine eigene Zeitung herauszugeben, blieb jedoch erfolglos. Die Etablierung des modernen Fahrrads zu dieser Zeit sorgte für eine große Nachfrage, welche die beide zur Eröffnung eines Fahrradladens im Jahr 1892 nutzten. Vier Jahre später begannen sie die Herstellung von Fahrrädern ihrer eignen Marke.
1897-1899: Einfluss durch Otto Lilienthal
Nach der Eröffnung ihres Fahrradladens interessierte sich insbesondere Wilbur Wright, der erfinderische Kopf der beiden, zunehmend für den deutschen Luftfahrtpionier Otto Lilienthal. Nach dessen Unfalltod bei einem Testflug mit einem Gleiter im Jahr 1896 begannen die Wright Brüder, sich ernsthaft mit mechanischen Konzepten zur Luftfahrt auseinanderzusetzen. Als zentral für das „Flugproblem“ sahen sie dabei die Kontrolle des Flugapparats, da sie Motoren und Flügel bereits für vielversprechend hielten.
1900-1902: Flugversuche
Wie Otto Lilienthal konzentrierten sich auch die Gebrüder Wright zunächst auf Gleitflüge, um die richtige Steuerungstechnik zu bestimmen. Für erste Versuche begaben sich Wilbur und Orville im Sommer 1900 in ein damals unbewohntes Gebiet, an welchem heute die Stadt Kill Devil Hills steht. Während ihre Schwester Katherine den Fahrradladen überwachte, kehrten die Wright Brüder auch die nächsten Jahre für Versuche zurück. Mit Hilfe ihres Mechanikers Charlie Taylor begannen die Arbeiten am Wright Flyer I.
Die Wright Flyer
Nach drei Jahren der Tests mit Gleitern, entschieden sich Wilbur und Orville für den Versuch mit einer motorisierten Flugmaschine. Im Jahr 1903 bauten die Gebrüder Wright ihr erstes Flugzeug, den Wright Flyer I. Weitere Modelle in der Reihe folgten, aber das grundsätzliche Produktionsprinzip blieb gleich.
Motor
Da die Gebrüder Wright keine passenden Motoren für ihren Prototypen finden konnten, ließen sie diesen vom Mechaniker ihres Fahrradladens entwickeln. Charlie Taylor entwarf und baute innerhalb von sechs Wochen einen vierzylindrigen Motor, welcher die geforderte Leistung von 6 kW sogar überschritt und 8,9 kW bot.Aufbau
Bei den Wright Flyer Modellen handelte es sich um Doppeldecker, bei denen der Pilot auf der unteren Tragfläche lag. Der Motor bewegte zwei Druckpropeller für den Schub. Das Gestell des Wright Flyers bestand aus Fichtenholz, während die Flügel mit dünnem Baumwollstoff bespannt waren. Insgesamt verfügte die Maschine über eine Höhe von 2,74 m, eine Länge von 6,43 m un eine Flügelspannweite von 12,29 m, bei einem Eigengewicht von 274 kg.Steuerung
Die wirklich entscheidende Innovation der Gebrüder Wright lag in ihrem Verständnis der Steuerung. Hierbei halfen ihnen sowohl die Beobachtung von Vögeln als auch ihre Erfahrung mit Fahrrädern. Andere Luftfahrende hatten bisher versucht, Flugmaschinen ähnlich wie Schiffe oder Wagen zu steuern. Die Wright Brüder wählten dagegen eine Methode, in dem der Flugkörper selbst angewinkelt und anschließend durch Ruder wieder in Position gebracht werden sollte. Genauso also, wie sich Vögel und Fahrräder um Kurven bewegen – und wie Flugzeuge bis heute fliegen.
Entscheidend war dafür die Erfindung eines beweglichen, vertikalen Heckruders. Dadurch gelang den Wrights letztlich die Kontrolle aller drei Bewegungsachsen eines Flugzeugs (Quer-, Hoch- und Längsachse). Auch dies stellte eine essenzielle Neuerung dar, die heutige Flugzeuge ermöglichte.
Übrigens: Die Technik hat sich zwar weiterentwickelt, aber das grundsätzliche Prinzip von Flugzeugen ist bis heute sehr ähnlich geblieben. Erfahren Sie in unserem Artikel Warum fliegen Flugzeuge? wie sie genau funktionieren.
Erste Flüge der Gebrüder Wright
Ein erster Testflug mit dem Wright Flyer I fand schließlich am 14. Dezember 1903 statt. Auf den Tag 121 Jahre nach dem ersten Test des Heißluftballons durch die Gebrüder Montgolfier. Allerdings handelte es sich hier nur um ein kurzes, stotterndes Abheben. Den ersten kontrollierten Flug von 37 m in 12 Sekunden unternahm Orville Wright dann am 17. Dezember. Drei weitere von beiden Brüdern fanden noch am selben Tag statt. Der längste Flug brachte es auf etwa 260 m, wobei die Wrights dabei in einer Höhe von rund 3 m flogen.
Der Wright Flyer I sollte allerdings nicht noch einmal fliegen. Er wurde nach dem vierten Flug im Stehen von einer Windböe erfasst und zu stark beschädigt. Auch wenn die Gebrüder Wright für ihren ersten Flug Zeugen hatten, blieb ihr Erfolg aufgrund der relativ kurzen Distanzen zunächst weitgehend unbeachtet.
Anerkennung & Kontroversen der Wright Brüder
In den darauffolgenden Jahren verbesserten die Brüder ihre Konstruktion und ihre Flugtechnik. Nach anfänglicher Skepsis und trotz gelegentlicher Rückschläge, schafften sie es doch bis Ende des Jahrzehnts, als die führenden Pioniere der Luftfahrt anerkannt zu werden. Es folgten Verträge mit der US-Armee und Touren durch Europa. In der Zeit um 1910 zählten Wilbur und Orville Wright und ihre sie begleitende Schwester Katherine zu den populärsten Menschen auf der Welt.
Allerdings folgten auch Rechtsstreits um Patente und die Technologie der Wright Flyer wurde bald von staatlichen Einrichtungen vor allem in Europa überholt. Wilbur Wright starb bereits 1912. Orville Wright führte 1918 seinen letzten eigenen Flug durch, blieb aber bis zu seinem Tod 1948 stark in der Luftfahrt involviert.
Schon zu Lebzeiten aber auch seitdem wurden immer wieder andere Personen erwähnt, die den Wright Brüdern bei ihren Innovationen zuvorgekommen sein sollen. Zu diesen zählen unter anderem die Folgenden:
Gustave Whitehead
Geboren als Gustav Weisskopf in Bayern, soll der in die USA emigrierte Gustave Whitehead 1901 einen kontrollierten maschinengetriebenen Flug durchgeführt haben. Über Jahrzehnte hinweg gab es immer wieder Luftfahrtexperten, die sich dieser Theorie angeschlossen haben. Letzten Endes kann aber nicht bewiesen werden, ob Whitehead tatsächlich geflogen ist.Alberto Santos-Dumont
Weniger kontrovers ist die Feststellung, dass der brasilianische Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont seine Maschine im Oktober 1906 tatsächlich kontrolliert auf einem Testgelände in Frankreich geflogen hat. Damit stellt dies auch den ersten europäischen Flug dar. Die Kontroverse mit den Wright Brüdern generiert sich daraus, dass diese zum Abheben zunächst eine Schiene und später eine Katapultvorrichtung nutzten. Verteidiger von Santos-Dumont rechnen diesem deswegen die Erfindung des Flugzeugs im modernen Sinne zu.Weitere
Vor allem in den Anfangsjahren kursierten auch andere Namen, wie die von Samuel Langley, einem der Vorsitzenden der Smithsonian Institution, oder Clément Ader, einem französischen Pionier. Diese wurden allerdings mit der Zeit entweder klar widerlegt oder sie genießen wenig Rückhalt in Fachkreisen, da es sich häufig um kürzeres, unkontrolliertes Abheben handelt.
Einen klaren Fall, in welchem andere den Wrights eindeutig zuvorgekommen sind, gibt es also nicht. Zweifellos profitierten sie von Erkenntnissen ihrer Vorgänger wie z.B. Otto Lilienthal, brachten aber selbst entscheidende neue Innovationen mit ein. Insofern können die Gebrüder Wright also durchaus als die Ersten gelten, die ein Flugzeug nach modernem Verständnis entwickelt und tatsächlich geflogen habe.
Auch nach den Wright Brüdern gab es weitere Pioniere wie zum Beispiel Howard Hughes, welche die Luftfahrt weiter vorantrieben. So können wir heute entspanntes Reisen auf 10.000 m Höhe erleben. Wir wünschen Ihnen jetzt schon einen angenehmen Flug.