Im Vordergrund sind einige Häuser auf Island zu sehen, im Hintergrund der Eyjafjallajökull mit seiner Aschewolke.

Eyjafjallajökull: Wie ein Vulkan auf Island die Luftfahrt lahmlegte

Der Vulkanausbruch auf Island 2010 gehört zweifellos zu den bemerkenswertesten Episoden der jüngeren Luftfahrtgeschichte. Während zuvor Probleme mit dem Eyjafjallajökull auf die Aussprache beschränkt waren, katapultierte sich der isländische Vulkan in die Schlagzeilen, da er zeitweise den europäischen Flugverkehr in weiten Teilen zum Erliegen brachte. Welche Gefahren bestehen für Flugzeuge durch Vulkanausbrüche? Was genau war der Grund, warum dieser Ausbruch zu so starken Einschränkungen führte? Und könnte sich ein ähnliches Ereignis wiederholen?

Inhalt

  1. Allgemeine Gefahren für Flugzeuge durch Vulkanausbrüche

  2. Ablauf des Eyjafjallajökull Ausbruchs 2010

  3. Was war besonders am Eyjafjallajökull Ausbruch?

  4. Könnten andere Vulkane ähnliche Auswirkungen haben?

  5. FAQ

Allgemeine Gefahren für Flugzeuge durch Vulkanausbrüche

Wenngleich der Vulkanausbruch auf Island 2010 den Flugverkehr in bisher ungekanntem Maße beeinflusst hat, sind die grundsätzlichen Gefahren durch Erruptionen allgemein die gleichen. Insbesondere die Aschewolken stellen ein Risiko für die Luftfahrt dar und können folgende Auswirkungen haben:

  1. Materialbeschädigung durch Gewicht
    Auch wenn Vulkanasche wie grauer Schneefall aussieht, ist sie mit diesem nicht zu vergleichen. Die Zusammensetzung aus Gestein, kristallinem Material und Vulkanglas verleiht der Asche ein sehr hohes Gewicht, dass beim Niederschlag schnell zu erheblichen Schäden an Maschinen oder Gebäuden führen kann. Der Ascheregen beschränkt sich in der Regel aber auf eine relativ dichte Umgebung um den Vulkan.

  2. Turbinenschäden
    Gelangt die Vulkanasche in die Triebwerke, kann sie dort erheblichen Schaden anrichten. Durch bei den hohen Temperaturen schmelzendes Vulkanglas kann etwa die Kühlung der Turbinen blockieren. Auch scharfe Gesteinspartikel können physischen Schaden an Rotorblättern oder Kompressorschaufeln anrichten und so Triebwerke ausfallen lassen.

  3. Ausfall von Elektronik und Messgeräten
    Vulkanasche ist elektrostatisch geladen. Besonders feine Partikel können in die elektronischen Komponenten von Flugzeugen eindringen und dort für Ausfälle sorgen. Ebenfalls kann die Vulkanasche nach außen gerichtete Messgeräte blockieren und zu falschen Anzeigen im Flugzeug Cockpit führen.

  4. Einschränkung der Sichtverhältnisse
    Auch die Sicht aus dem Cockpit kann durch Vulkanasche eingeschränkt werden, insbesondere wenn das scharfkantige Material in der Aschewolke die Scheiben zerkrazt. Gepaart mit möglichen Ausfällen oder Ungenauigkeiten der Messgeräte kann dies sehr gefährlich werden.

Lavaströme und der ausbrechende Eyjafjallajökull in der Dämmerung.

Ablauf des Eyjafjallajökull Ausbruchs 2010

Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull begann am 20. März 2010 mit einer vergleichsweise kleinen Erruption, die sogar geringer ausfiel, als ursprünglich von einigen Geologen vorhergesagt. Weitere Erruptionen folgten über die nächsten Tage, lösten aufgrund der Häufigkeit von Vulkanen auf Island und der daraus resultierenden Vertrautheit mit ähnlichen Situationen aber zunächst keine weiteren Probleme aus. Erst eine explosive Erruption am 14. April sorgte dafür, dass etwa 800 Menschen evakuiert werden mussten. Auch diese war im internationalen Vergleich aber nicht bemerkenswert. So erreichte der Vulkanausbruch 2010 lediglich eine 4 von 8 auf dem sogenannten Vulkanexplosivitätsindex (VEI). 

Dennoch war es auch diese Erruption, die dafür sorgte, dass ab dem 15. April zunehmend europäische Lufträume geschlossen wurden – darunter auch die Flughäfen in Paris und London, während Berlins Flughäfen am 16. April nachzogen. In den folgenden Tagen kam der Flugverkehr über Europa zeitweise fast komplett zum Erliegen, was auch auf anderen Kontinenten für Flugausfälle und Verzögerungen sorgte. Am 21. April waren die meisten Lufträume wieder geöffnet, vereinzelt gab es aber bis in den Mai hinein besonders in Nordwesteuropa Komplikationen und Ausfälle. Die vulkanische Aktivität am Eyjafjallajökull hielt bis in den Juni hinein an.

Was war besonders am Eyjafjallajökull Ausbruch?

Dass ein Vulkan auf Island derart gravierende Auswirkungen auf den internationalen Flugverkehr haben könnte, schien vor dem Eyjafjallajökull für Laien schwer vorstellbar. Dabei gehören aufgrund der geologischen Beschaffenheit von Island Vulkanausbrüche beinahe zur Tagesordnung. Die wenigsten haben allerdings auch nur annähernd so großen Einfluss auf den Luftverkehr wie der Eyjafjallajökull, der deutlich stärkere Ausbruch des ebenfalls isländischen Vulkans Grímsvötn im Jahr 2011 sorgte beispielsweise für gerade einmal 900 gestrichene Flüge im nördlichen Europa. Was also macht diesen Vulkan auf Island so besonders?

  1. Explosive Mischung mit Gletschereis
    Eyjafjallajökull bezeichnet genaugenommen nicht nur den Vulkan, sondern auch den darüberliegenden Gletscher. Während sich die ersten Erruptionen seitlich des Gletschers und daher nicht unter Eis ereigneten, fand der Ausbruch am 14. April direkt unter einer 200 m dicken Schicht aus Gletschereis statt. Das durch die aufsteigende Lava schlagartig verdampfende Wasser sorgte für eine deutlich stärkere Explosion und entsprechend höhere Aschewolke.

  2. Glasbildung
    Durch das kalte Gletschereis kühlte die aufsteigende Lava sehr schnell ab. Dies führte dazu, dass besonders viel Lava in Vulkanglas umgewandelt wurde. Die Asche war durch die hohe Anzahl scharfer Glaspartikel daher besonders gefährlich für Triebwerke.

  3. Jetstream
    Der Eyjafjallajoküll befindet sich direkt unter einem Jetstream, dem sogenannten Polar-Jet, einem starken atmosphärischen Luftstrom, der die Verteilung der Vulkanasche besonders unterstützte. Zudem war der Jetstream zum Zeitpunkt des Ausbruchs ungewöhnlich stabil und blies die Asche kontinuierlich in südöstliche Richtung.

Könnten andere Vulkane ähnliche Auswirkungen haben?

Vulkanische Aktivität ist auf der Erde keine Seltenheit. Besteht also die Möglichkeit, dass es in näherer Zukunft zu ähnlichen Sperrungen des Luftraums wie durch den Eyjafjallajökull kommt?

Vulkane auf Island
Während auf Island der Vulkanausbruch 2010 keineswegs der letzte war und auch mehr als zehn Jahre später wieder größere vulkanische Aktivitäten für Schlagzeilen sorgen, ergab sich daraus bisher keine erneute großflächige Sperrung des europäischen Luftraums. Wie bereits dargestellt, kamen beim Ausbruch des Eyjafjallajökull mehrere Umstände zusammen, die keineswegs auf jeden Vulkan auf Island übertragbar sind. Ähnliche Bedingungen liefert aber der gerade einmal 25 km vom Eyjafjallajökull entfernt liegende Vulkan Katla. Besonders brisant hierbei: Historisch betrachtet fanden Ausbrüche des Katla stets wenige Monate nach dem Eyjafjallajökull statt und waren deutlich stärker. Seit dem Vulkanausbruch 2010 zeigte sich Katla zwar aktiv, eine Eruption fand bisher aber nicht statt.

Andere Vulkane
Die Vulkane auf Island unterliegen Bedingungen, die sich so glücklicherweise nur selten in anderen Teilen der Welt finden. Auch die Nähe zum vielbeflogenen Luftraum über West- und Mitteleuropa hat die Auswirkungen des Eyjafjallajökull Ausbruchs derartig dramatisch werden lassen. Selbst deutlich größere Vulkanausbrüche erzeugen daher kaum ähnliche Situationen, da sich ihre Aschewolke zumindest in ernsthaft schädlicher Zusammensetzung nicht so weit bzw. über weniger dicht beflogenen Gebieten verteilt und leichter umflogen werden kann. Vermutlich würde erst ein Ausbruch mit einem VEI von 7 oder höher für ähnliche oder stärkere Einschränkungen sorgen wie der Eyjafjallajoküll – allerdings sind diese äußerst selten, mit der Erruption des Tambora in Indonesien liegt die letzte bereits über 200 Jahre zurück (noch größere Ausbrüche liegen sogar mehr als 20.000 Jahre in der Vergangenheit). Die aktuellste Erruption der Stufe 6, der Ausbruch des Pinatobu auf den Philippinen 1991, erzeugte für die Luftfahrt nur örtlich begrenzte Probleme.

Wenngleich Vulkane also ein Risiko für die Luftfahrt darstellen, sind die Auswirkungen in der Regel überschaubar und ernsthafte Vorfälle lassen sich in den allermeisten Fällen vermeiden. Ausbrüche wie der der Eyjafjallajökulls auf Island sind äußerst selten und werden Ihre nächste Reise höchstwahrscheinlich nicht beeinträchtigen. In diesem Sinne wünschen wir schon einmal einen guten Flug!

Ein Flugzeug fliegt auf die Kamera zu, im Hintergrund sind eine Aschewolke und Vulkanlandschaft zu sehen.

FAQ

Warum ist Vulkanasche für Flugzeuge so gefährlich?
Im Gegensatz zu gewöhnlicher Asche ist Vulkanasche sehr schwer. Sie enthält außerdem sehr harte und scharfe Partikel, die unterschiedliche Teile eines Flugzeugs, insbesondere die Triebwerke, stark beschädigen können.

Warum werden Flugzeuge nicht gegen Vulkanasche gesichert?
Nach heutigem technologischen Standard ist dies nicht möglich oder zumindest nicht wirtschaftlich. Seit dem Ausbruch des Eyjafjallajökull testen Hersteller neue Flugzeugtypen aber im Hinblick auf das Maß an Vulkanasche, welches diese sicher durchfliegen können.

War die Sperrung des Luftraums nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull zu drastisch?
Hierüber besteht unter Experten keine Einigkeit. Allerdings wurde im Anschluss an den Ausbruch des Vulkans auf Island der als kritisch erachtete Grenzwert an Vulkanasche durch die britische Luftfahrtbehörde und Flugzeughersteller erst auf 2 mg pro m³ und anschließend 4 mg pro m³ erhöht – die Aschewolke des Eyjafjallajökull hätte beide Werte an den meisten Orten deutlich unterschritten.

Können Flugzeuge die Aschewolken nicht umfliegen?
Dies ist nur sehr großräumig möglich. Die äußerst kleinen Vulkanaschepartikel lassen sich weder durch ein Wetterradar noch durch Sensoren innerhalb der Flugzeuge genau erfassen.

Gehen von anderen Vulkanen ähnliche Gefahren aus?
Nur in seltenen Fällen, da die Umstände des Eyjafjallajökulls sehr besonders sind und auch externe Faktoren wie das Wetter eine Rolle spielen. Der Vulkan Katla auf Island könnte z.B. ähnliche Auswirkungen haben. Andere bekannte Vulkane wie Stromboli oder Vesuv, aber auch die meisten der übrigen Vulkane auf Island werden höchstwahrscheinlich keine vergleichbaren Folgen nach sich ziehen.