Geschichte & Zukunft der Überschallflugzeuge: Von Concorde bis Boom Overture
Seitdem der Flugbetrieb der Concorde vor inzwischen 20 Jahren eingestellt wurde, sind keine Überschallflugzeuge für den Passagierverkehr mehr im Einsatz. Doch das könnte sich in gar nicht allzu ferner Zukunft ändern: Das US-Unternehmen Boom Technologies entwickelt das Projekt Book Overture, ein Überschallflugzeug, welches gegen Ende der 2020er Jahre als Passagierflugzeug im Linienverkehr zur Verfügung stehen soll. So könnte es bald einen Concorde Nachfolger geben. Doch war die Concorde überhaupt das einzige Überschallflugzeug im Passagierverkehr? Wie ist der Stand bei der Entwicklung der Boom Overture? Und sind neben dieser auch noch andere Projekte für Überschallflugzeuge in Entwicklung? Die Antworten finden Sie hier.
Inhalt
Überschallflugzeuge im Passagierverkehr
Auch wenn die Concorde das bekannteste Überschallflugzeug im Passagierverkehr war, war sie nicht das erste. Die Tupolev Tu-144, ein sowietisches Passagierflugzeug, hatte ihren ersten Überschallflug am 5. Juni 1969 – vier Monate vor der Concorde. Sie führte allerdings gerade einmal 55 kommerzielle Passagierflüge durch, wobei der letzte 1978 stattfand. Technische Schwierigkeiten, aber vor allem auch Kostenfaktoren, spielten eine Rolle für die Einstellung der Tu-144. Diese entstanden durch die besonderen Ansprüche, die Überschallflugzeuge erfüllen müssen.
Noch mehr als normale Maschinen, sind Überschallflugzeuge hohen Belastungen ausgesetzt. Durch die hohe Geschwindigkeit können an manchen Flugzeugteilen Temperaturen über 300°C entstehen. Materialien, die gewöhnlich im Flugzeugbau verwendet werden, können diesen Temperaturen nicht standhalten. Aus aerodynamischen Gründen ist zudem die Form von Überschallflugzeugen recht klar vorgegeben. Der schmale, lange Rumpf der Concorde ist der Tu-144 ebenso ähnlich wie diversen Militärmaschinen. Dieser bietet allerdings vergleichsweise wenig Platz für Passagiere, weshalb die Kosten pro Sitzplatz für Airlines zusätzlich steigen.
Die Concorde: Geschichte & Fakten
Erste Planungen und Entwürfe für Überschalflugzeuge im Personenverkehr entstanden bereits in den frühen 1950er Jahren, als die ersten Militärmaschinen begannen, die Schallmauer zu durchbrechen. Nach längeren Planungsphasen, zunächst auf britischer, dann aber auch auf französischer Seite, begann die Zusammenarbeit beider Staaten an der Concorde gegen Ende des Jahrzehnts. Die Maschine verfügte bereits ab Inbetriebnahme über die Fähigkeit, im Überschallbereich ohne den Einsatz von Nachbrennern zu fliegen und war der Tu-144 daher technisch überlegen So dauerten Flüge der Concorde von Paris nach New York knapp unter 3,5 Stunden und damit weniger als halb so lang wie mit herkömmlichen Flugzeugen.
Warum wurde die Concorde eingestellt?
Dass das Prestigeprojekt Concorde letztlich trotz diverser Vorzüge eingestellt wurde, hatte mehrere, vor allem wirtschaftliche, Gründe. Und auch der Ruf des Transportmittels wurde über die Zeit deutlich in Mitleidenschaft gezogen.
Dauer der Entwicklung
Die Entwicklung der Concorde dauerte deutlich länger als erwartet und kostete statt ursprünglich avisierter 70 Millionen Pfund mindestens 1,5 Milliarden. Dies resultierte in einer deutlich kleineren Flotte als erwartet. Die Kosten pro Maschine konnten so nicht wieder eingespielt werden.
Betriebskosten
Auch im Betrieb erwies sich die Concorde anderen Flugzeugen gegenüber als kostspielig. Zwar konnte über die Jahre Gewinn eingefahren werden, aber die Margen erwiesen sich mit der Zeit in anderen Bereichen als vielversprechender.
Ticketpreise
Aufgrund der geringen Sitzzahl und der hohen Betriebskosten lagen bei der Concorde die Ticketpreise deutlich über Normalpreisen in anderen Maschinen. Sie befanden sich etwa 10-15% über den Preisen üblicher First-Class-Tickets.
Mangelnder Komfort
Die hohen Preise musste die Concorde mit Geschwindigkeit rechtfertigen – davon ab fehlte es nämlich an Argumenten. Es mangelte an Raum für Komfortfeatures wie verstellbare Sitze, ganz zu schweigen von extravaganteren Angeboten, die sich in den First-Class-Bereichen anderer Maschinen etablierten. In diesen konnten Airlines deultich höhere und zuverlässigere Gewinnmargen erzielen.
Concorde Absturz im Jahr 2000
Zur Einstellung entscheidend beigetragen hat der Absturz einer Concorde. Das Unglück im Jahr 2000 ereignete sich kurz nach dem Start in Paris. Obwohl der Unfall auf keinen grundsätzlichen Fehler im Design zurückging und den einzigen Absturz einer Concorde darstellte – womit sie zu den sichersten Passagierflugzeugen zählt – resultierte er in deutlich sinkender Nachfrage nach Tickets. Als Folge entschieden sowohl Air France als auch British Airlines, die vor allem noch aus Prestigegründen geführte Maschine in den Ruhestand zu schicken.
Im April 2003 wurde bekanntgegeben, dass die Concorde dauerhaft aus dem Flugverkehr genommen werden würde. Nach einer ausgiebigen Abschiedstournee, absolvierte die Concorde ihren letzten Flug am 26. November 2003.
Übrigens: Heute können Sie viele der erhaltenen Concordes im Museum betrachten, wobei das Technik Museum Sinsheim als weltweit einziges sowohl über eine Concorde als auch über eine Tu-144 verfügt.
Neustart für Überschall: Boom Overture/Boom Supersonic
Boom Overture ist der Name eines in der Entwicklung befindlichen Überschallflugzeugs des US-Unternehmens Boom Technologies – manchmal auch als Boom Supersonic bezeichnet. Der Status des Projekts ist bereits ziemlich weit fortgeschritten. Die Fabrik für den Bau der Overture Flugzeuge wird 2024 fertig gestellt, mehrere Airlines haben bereits feste Bestellungen und/oder Optionen aufgegeben. Erstmals fliegen soll das neue Überschallflugzeug 2026. Ab 2029 soll der Linienbetrieb aufgenommen werden.
Die Boom Overture unterscheidet sich in einigen Belangen von der Concorde. Die Flugzeiten letzterer wird sie nicht ganz erreichen, da ihre avisierte Reisegeschwindigkeit mit Mach 1,7 unter dem von der Concorde erreichten Mach 2,02 liegen soll. Im Gegensatz zu dieser ist die Boom Overture allerdings darauf ausgelegt, komplett mit Bio-Treibstoff zu fliegen. Boom Supersonic als Unternehmen soll bis 2040 komplett klimaneutral operieren. Desweiteren soll die Lärmbelastung dieser Überschallflugzeuge nicht höher ausfallen als bei normalen Airlinern. Preislich wird eine Spanne ähnlich der Business und First Class in anderen Passagierflugzeugen vorgesehen.
Überschallflugzeuge der NASA?
Dass Überschallflugzeuge auch heute noch oder wieder futuristisch wirken können, zeigt spätestens die Beteiligung der NASA. Diese entwickelt nämlich mit mehreren amerikanischen Flugzeugherstellern, darunter Boeing und Lockheed, unterschiedliche Prototypen für Überschallflugzeuge. Im Fokus steht hier zum einen die Geräuschreduzierung, zum anderen aber auch Geschwindigkeiten bis zu Mach 4. Entsprechende Passagiermaschinen würden die Strecke von einem der Flughäfen in New York zu einem von Londons Flughäfen in gerade einmal 1,5 Stunden zurücklegen.
Auch wenn Sie momementan kein Überschallflugzeug als Passagier borden können, das Warten auf den Concorde Nachfolger könnte schon recht bald vorbei sein. Wir wünschen deshalb schon jetzt einen angenehmen und besonders schnellen Flug!